Gesetzentwurf in Deutschland macht Zeiterfassung am Arbeitsplatz zur Pflicht

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Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Arbeitgeber jetzt die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter erfassen müssen, egal wie groß die Firma ist oder ob es einen Betriebsrat gibt (Ref.: 1 ABR 22/21). Bisher hat das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) außer für Überstunden nicht ausdrücklich die Erfassung der Arbeitszeiten aller Mitarbeiter verlangt.

 

Im September 2022 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Pflicht der Arbeitgeber zur Dokumentation der Arbeitszeiten erweitert und im Dezember 2022 umfassende Leitlinien herausgegeben, in denen festgelegt ist, was deutsche Arbeitgeber zu beachten haben.

 

Die genauen Anforderungen zur Erfüllung der Arbeitserfassungspflicht wurden im April 2023 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in einem Vorentwurf veröffentlicht, der die genaue Art und Weise der Arbeitserfassung und -protokollierung festlegt.

 

Die gesetzliche Verpflichtung zur Arbeitserfassung dürfte durch Änderungen und Ergänzungen in das ArbZG aufgenommen werden.

 

Verpflichtungen des Arbeitgebers:

  • Ab sofort müssen Arbeitgeber ein System einrichten, um die täglichen Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter aufzuzeichnen, einschließlich Arbeitsbeginn und -ende, Pausen und Überstunden.
  • Arbeitgeber müssen zunächst schnell prüfen, ob ihr bestehendes Zeiterfassungssystem den Anforderungen der aktuellen BAG-Entscheidung entspricht.
  • Es reicht nicht aus, den Mitarbeitern einfach ein Zeiterfassungssystem zur Verfügung zu stellen; Arbeitgeber müssen auch dafür sorgen, dass es richtig genutzt wird.
  • Die Arbeitgeber können zwar die Arbeitszeit erfassen, aber sie sind dafür verantwortlich, dass das System funktioniert und überwacht wird.
  • Diese Pflichten gelten unabhängig von der Größe des Unternehmens und davon, ob es einen Betriebsrat gibt.
  • Auf Wunsch der Mitarbeiter muss der Arbeitgeber die aufgezeichneten Arbeitszeiten teilen und Kopien davon zur Verfügung stellen. Das kann so gemacht werden, dass die Mitarbeiter auf die Aufzeichnungen im elektronischen System zugreifen können.
  • Wenn es keine elektronische Erfassung gibt, können auch andere Methoden genutzt werden.

Die wichtigsten Punkte der Entscheidung:

  • Der Gesetzentwurf lässt zu, dass Tarifverträge die Aufzeichnungspflichten aufheben, nicht elektronische oder verspätete (bis zu sieben Tage) Aufzeichnungen erlauben und bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern von dieser Pflicht befreien.
  • Den Unternehmen wird je nach Größe eine Übergangszeit von einem bis fünf Jahren für die Einführung der elektronischen Arbeitszeit erfasst. Alle Unternehmen müssen innerhalb eines Jahres ein elektronisches System einführen, Unternehmen mit 50 bis 250 Mitarbeitern haben zwei Jahre Zeit und Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern fünf Jahre. Kleinere Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern sind zunächst ausgenommen.
  • Bei der Einrichtung eines Arbeitszeiterfassungssystems ist der Schutz der Mitarbeiterdaten von entscheidender Bedeutung.
  • Arbeitszeitdaten gelten als personenbezogene Daten und müssen den wichtigsten Datenschutzgrundsätzen wie Datenminimierung, Speicherbegrenzung und internationaler Datenübermittlung entsprechen.
  • Flexible Arbeitsmodelle wie Vertrauensarbeit oder Remote-Arbeit werden keine wesentlichen Änderungen erfahren und bleiben weiterhin möglich. Vertrauensarbeit entspricht den bereits bestehenden Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes. Auch ein Remote-Zeiterfassungssystem erfüllt die neuen gesetzlichen Anforderungen.
  • Unternehmen mit einem Betriebsrat müssen diesen in Entscheidungen über die Einrichtung eines Arbeitszeiterfassungssystems einbeziehen, da der Betriebsrat in dieser Angelegenheit Mitbestimmungsrechte hat.
  • Die Nichtbeachtung der vorgeschriebenen elektronischen Erfassung der Arbeitszeiten kann mit Geldbußen von bis zu 30.000 Euro geahndet werden und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar.

Weitere Details:

  • Der Begriff „elektronisch“ umfasst nicht nur gängige Tools oder Apps, sondern auch Tabellenkalkulationsprogramme wie Excel. Eine elektronische Erfassung bedeutet also nicht nur automatische Erfassung; Excel könnte zum Beispiel weiterhin verwendet werden.
  • Es gibt keine Vorgaben, wie die Arbeitszeiten erfasst werden müssen, sodass Arbeitgeber bei der Wahl des Erfassungssystems, ob elektronisch oder nicht, ziemlich frei sind.
  • Die Mitarbeiter können ihre Arbeitszeiten weiterhin selbst festlegen.
  • Die Aufzeichnungen müssen mindestens zwei Jahre lang aufbewahrt werden.
  • Die Arbeitszeiten können sowohl von den Arbeitnehmern selbst als auch von Dritten, wie z. B. einem Vorgesetzten oder einer Zeitarbeitsfirma, erfasst werden.
  • Der Gesetzentwurf des Bundesministeriums muss noch überarbeitet und vom Kabinett gebilligt werden, bevor er dem Bundestag vorgelegt wird. Arbeitgeber werden jedoch dringend gebeten, die Umsetzung der jüngsten verbindlichen Rechtsprechung zur Arbeitserfassung nicht zu verzögern, da diese sofort in Kraft tritt.
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